Donnerstag, Juni 01, 2006

interkulturelle verstaendigung. teil I

"Der Lama fragte, ob Humboldt seinen Hund wecken könne.
Er bedaure, sagte Humboldt, aber er verstehe diese Metapher nicht.
Wolodin beriet sich mit dem Tempeldiener. Keine Metapher, sagte er dann, des Lamas Lieblingshündchen sei vorgestern gestorben, jemand sei irrtümlich daraufgetreten. Der Lama habe den Körper aufgehoben und bitte Humboldt, den er für sehr kenntnissreich halte, das Tier zurückzurufen.
Das könne er nicht, sagte Humboldt.
Wolodin und der Tempeldiener übersetzten, der Lama verbeugte sich. Er wisse, dass ein Eingeweihter das nur selten dürfe, aber er erbitte diese Gunst, der Hund liege ihm sehr am Herzen.
Er könne das wirklich nicht, wiederholte Humboldt, dem vom Kräuterdampf allmählich schwindlig wurde. Er könne nichts und niemanden aus dem Tod erwecken!
Er verstehe, sagte der Lama, was der kluge Mann ihm damit sagen wolle.
Er wolle gar nichts sagen, rief Humboldt, er könne es einfach nicht!
Er verstehe, sagte der Lama, ob er dem klugen Mann wenigstens eine Tasse Tee anbieten dürfe?
Wolodin riet zur Vorsicht, man werfe in dieser Gegend ranzige Butter in den Tee. Wenn man nicht daran gewöhnt sei, werde einem furchtbar schlecht.
Humboldt lehnte dankend ab, er vertrage keinen Tee.
Er verstehe, sagte der Lama, auch diese Botschaft.
Es gebe keine Botschaft, rief Humboldt.
Er verstehe, sagte der Lama.
Unschlüssig verbeugte sich Humboldt, der Lama tat es ihm gleich, und sie machten sich wieder auf den Weg."

daniel kehlmann 2005. die vermessung der welt. roman.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hört sich gut an..

失踪 hat gesagt…

es ist in der mitte etwas schleppend. aber ein prima buch für eine physikerin.